Wie sind Immobilien-Investments durch die Monate der Lockdowns gekommen?
Claus Thomas (CEO Germany, BNP Paribas REIM): Die zurückliegenden zwölf Monate haben sich besser entwickelt als wir erwartet hatten. Seit Anfang 2021 laufen die Geschäfte wieder normal. Unserem Haus kam zu Gute, dass wir in Problem-Sektoren wie Hotel/Gastronomie und innerstädtischem Einzelhandel wenig Exposure hatten - oder bereits im Vorfeld entsprechende Konditionen vereinbart hatten. Aktuell besteht unsere Herausforderung darin, in einem Balanceakt aus Vorschriften und Anspruch die Präsenz in den Büros wieder nach oben zu fahren. Es geht in den Jahresendspurt, um Transaktionen bis Weihnachten noch unter Dach und Fach zu bringen. Generell gibt es im Immobilien-Markt sehr viel Liquidität, wenige Objekte und entsprechend anziehende Preise.
Tobias Kotz (Executive Director Real I.S. AG): Wirklich attraktive Objekte sind heiß um kämpft. Ein spannendes Thema ist auch, wie sich die merkbar höhere Inflation auswirken wird. Eigentlich müssten die Zinsen steigen, es ist aber unwahrscheinlich, dass sie dies tun werden. Für Immobilieninvestments stehen die Zeichen folglich gut, schlichtweg weil es zu ihnen keine Alternativen gibt. Es gibt keine risikolosen Zinserträge und immer mehr Banken verlangen jenseits einer niedrigen Grenze ein Verwahrentgelt für Spareinlagen. Für Immobilien spricht auch, dass sich Mieten und Pachten im Pandemie-Umfeld als sehr stabil erwiesen.
Gordon Grundler (Vorstand Primus Valor AG): Das bezahlbare Wohnen, in das wir seit vielen Jahren investieren, liefert zuverlässige Erträge. Bis auf einen höheren Kommunikationsbedarf in Corona lagen die Herausforderungen nicht viel anders als sonst. Wir renovieren Objekte in Mittel- und Oberzentren und haben in jedem Fonds etwa 1800 bis 2500 Mieter, die wir zum Großteil selbst betreuen. Hier haben Zukunftsängste teilweise zu emotionalen Briefwechseln geführt - aber zu keinen nennenswerten Mieteinbußen. Unsere corona-bedingten Ausfallquoten liegen aktuell beim Wohnen unter einem Prozent.
Demnach gab es viel zusätzliche Arbeit, aber keine oder nur wenige Einbußen?
Stefan Lammerding (Geschäftsführer KVG der Dr. Peters Group): Eine Entspannung gibt es sogar bei Hotel-Investments, wenn man die Liquiditätsströme über die gesamte Fondslaufzeit betrachtet. Dieses Segment war ja von den anhaltenden Lockdowns zwangsläufig stark betroffen, weshalb wir im aktuellen Fonds auf lebensmittelgebundenen Einzelhandel setzen. Die beiden Hotels im AIF-Bestand haben sich aber mittlerweile wieder erholt, wofür nicht zuletzt der verstärkte innerdeutsche Tourismus gesorgt hat. Das Objekt in Aachen kann auch bereits wieder ausschütten. Unmittelbar im Beherbergungsverbot waren aber Anpassungen nötig. Wir haben die Verträge aufgemacht und neu verhandelt. Im Gegenzug zu niedrigeren Pachten im Krisenjahr 2020 konnten wir längere Laufzeiten und Aufschläge in der Zukunft vereinbaren. Unterm Strich ist das ein Null-Summen-Spiel mit einem verzögerten Liquiditätszufluss.
Kotz (Real I.S.): Zurückblickend war für uns alle die Kommunikation eine herausfordernde Aufgabe. Dazu kam die Unsicherheit, was im Zuge der Pandemie-Bekämpfung noch auf uns zukommt. Natürlich war abzusehen, dass ein Hotel oder ein Gastronom in einem Shoppingcenter seine Zahlungen weniger pünktlich vornehmen könnte als ein Büromieter. Mittlerweile herrscht breite Entspannung, da die Mieten zwar vielleicht verzögert, aber trotzdem fast alle eingegangen sind.
Thomas (BNP Paribas): Die Grundprämisse für das Immobilien-Management ist immer: Lieber ein temporärer Mietausfall als ein Mieterausfall mit all seinen Folgekosten. Und natürlich gab es Anfragen nach Mietstundungen, Mietkürzungen oder Mietverzicht und entsprechenden Kommunikationsbedarf. Dazu gehörte auch, den Nutzern zu erklären, dass durch Corona die Verpflichtung zur Zahlung nicht wegfällt und man allenfalls die Modalitäten verhandeln kann. In der Spitze gab es dann fünf bis sechs Prozent Problemfälle. Die Rückstände sind aber nahezu komplett wieder aufgeholt worden. Wir haben aktuell eine höhere Mieteingangsquote als zu normalen Zeiten. Generell haben sich die Portfolios sehr stabil entwickelt und wieder einmal gezeigt, dass Immobilieninvestments auch in einer Krise ein Stabilitätsanker sind.
Grundler (Primus Valor): Punktuell gab es auch bei uns kurzfristige Verzögerungen und einiges hin und her. Einzelne Mieter fürchteten schlimme Folgen, wenn sie die Miete nicht rechtzeitig zahlen können. Das hat sich aber alles wieder normalisiert. Wir hatten eher mit den Sorgen unserer Mieter zu tun, damit, dass mehr Müll angefallen ist als üblich, oder dass es in unseren Objekten jetzt mehr Haustiere gibt. Handelsflächen haben wir nur als geringe Beimischung. Und auch hier sind die Quoten zwar etwas höher, aber nicht beängstigend. Kurz, uns haben Klima und energetische Sanierung sowie die Knappheit an Material und Fachkräften mehr beschäftigt als das homöopathische Problem mit Mietausfall.
Gordon Grundler verantwortet im Unternehmensverbund der Primus Valor AG im Vorstand die Bereiche Finanzen, Produktentwicklung und Fondsvertrieb sowie Fondsverwaltung. Im Jahr 2007 schuf er als Initiator die Grundlage für die Auflegung sämtlicher Immobilienfonds der ImmoChance-Deutschland-Reihe.
Tobias Kotz ist Executive Director der Real I.S. AG, Gesellschaft für Immobilienassetmanagement. Er leitet den Bereich Client Relations and Capital Funding für private und institutionelle Anleger. Als diplomierter Bankbetriebswirt und Certified Real Estate Investment Analyst ist er Lehrbeauftragter der TU München.
Stefan Lammerding ist seit September 2017 bei der Dr. Peters Group und dort verantwortlich für die Geschäftsführung der unternehmenseigenen Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG). Zuvor war der gelernte Diplom-Bankbetriebswirt bei der Ostsächsischen Sparkasse in Dresden tätig sowie rund 25 Jahre in verschiedenen Führungspositionen bei der Commerzbank.
Claus Thomas ist seit Februar 2019 CEO bei BNP Paribas REIM Germany. Neben dem Vorsitz der Geschäftsführung verantwortet er unter anderem die Bereiche Kunden und Fund Management. Vorher war er 27 Jahre bei JLL bzw. LaSalle Investment Management tätig. Thomas ist Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors (FRICS), Immobilienökonom (ebs), Fachwirt der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft (IHK) sowie Immobilienwirt.
Gab es Unterschiede in der Kommunikation mit den verschiedenen Nutzern?
Grundler (Primus Valor): Ja, denn private Nutzer gehen mit Stress anders um als gewerbliche Mieter oder Halb-Profis. Bei Privaten geht es vornehmlich um existenzielle Not. Wir haben viele emotionale Gespräche geführt, um den Mietern die Angst vor einer Kündigung zu nehmen. Bei großen gewerblichen Nutzern war die Kommunikation längst nicht so unkompliziert - und oft eher pulstreibend. Hier gab es oft erst mal einen Anwaltsbrief vom Justiziar mit abenteuerlichen Annahmen wie der, dass die Geschäftsgrundlage entfallen sei. Dass davon nicht die Rede sein kann, war klarzustellen. Zu unserer Verblüffung gab es das bei den kleinen gewerblichen Mietern nicht. Ob Nagelstudio oder Dönerbude, sie haben alle prompt ihre Rückstände bezahlt, sobald sie wieder Einnahmen hatten.
Kotz (Real I.S.): Dazu kommt noch der Informationsbedarf bei den Investoren, die sich in einem abrupt veränderten Umfeld ebenfalls erst orientieren mussten. Jetzt hat sich das eingespielt. Information und Kommunikation nach allen Seiten haben einen geregelten Verlauf. Das zeigt sich auch im Reporting, das auch genau darauf eingeht, ob aktuell alle Mietzahlungen geleistet werden, oder ob man pauschale Wertberichtigungen vornehmen muss. In unserem breit gefächerten Immobilienportfolio gibt es aber keine Zahlen, die beunruhigen. Die Aufgabe ist, alles ungeschönt und sauber zu kommunizieren.
Thomas (BNP Paribas): Wir haben dazu wegen Corona sogar ein spezielles Sonderreporting eingeführt. Das hat geholfen, um das Anlegervertrauen zu stabilisieren. Mit den jetzt stabilen Zahlungsströmen und der zunehmenden Normalisierung ist auch die Nachfrage wieder auf hohem Niveau.
Immobilien-Investments haben sich also wie ein Fels in der Brandung gehalten?
Grundler (Primus Valor): Rückblickend in jedem Fall. In der ersten Unsicherheit haben wir wohl alle berechnet, was passieren muss, damit die Performance unter null gedrückt wird. Durch die Regulierung sind die Fonds deutlich stabiler als sie es vor 15 Jahren waren. Das gilt nicht für die Wahl der Assetklassen, sondern auch auf der Konzeptionsseite. Mit Fremdkapitalquoten von bis zu 80 Prozent wie beim Aufbau Ost kann schneller etwas ins Kippen kommen.
Lammerding (Dr. Peters): Wir unterliegen alle dem Kapitalanlage-Gesetzbuch KAGB. Hier ist in Paragraf 263 der Leverage auf 60 Prozent beschränkt. Wir nutzen diesen Spielraum aber nur dann aus, wenn die Qualität der Immobilie, ihr Standort und die Zuverlässigkeit der Nutzungsart dies ohne Bedenken zulässt. Zudem gehört zu unserem konservativen Ansatz eine von Anfang an hohe Tilgung von rund zwei Prozent p.a.
Thomas (BNP Paribas): Wir fahren in unseren Publikumsfonds durchgängig eine niedrigere Quote die im Schnitt zwischen 20 und 25 Prozent liegt. Dabei würde natürlich ein höherer Leverage durch die niedrigen Zinsen helfen, da der Markt teuer ist. Andererseits ist auf der Anlegerseite viel Geld da, das investiert sein möchte.
Kotz (Real I.S.): Das sehen wir ganz genauso. In einem Niedrigzinsumfeld muss man anders vorgehen und nicht so hoch hebeln wie früher. Aus regulatorischer Sicht darf ein offener Immobilien Publikumsfonds eine Fremdkapitalquote von 30 Prozent fahren. Das wollen wir nicht voll ausnutzen und liegen aktuell bei ca. 25 Prozent. Bei Spezialfonds, in denen wir fast doppelt so viel Fremdkapital einsetzen könnten, begnügen wir uns derzeit konservativ mit etwa 42 Prozent.
Grundler (Primus Valor): Unser Investmentansatz ist durch die energetische Sanierung etwas anders. Hier bringen KfW-Förderdarlehen einen zusätzlichen Ertrag, da sie oft nicht zu 100 Prozent zurückzuzahlen sind. Wir arbeiten daher mit 55 Prozent und stehen damit sehr stabil im Wind.
Welche Rolle spielt heute generell die Nachhaltigkeit in Immobilienfonds?
Thomas (BNP Paribas): Eine zunehmend große. Weltweit sind 30 Prozent der CO2-Emissionen auf Immobilien zurückzuführen. Folglich bietet sich dort ein großer Hebel an, was unser Haus auch aktiv verfolgt. Wir versuchen, Dinge zu verbessern, Zusammenhänge zu erfassen und gemeinsam mit der Branche Standards zu etablieren. Denn die Regulierung wird kommen. Keiner weiß heute schon, was sie beinhalten wird. Trotzdem werden wir sie alle erfüllen müssen.
Kotz (Real I.S.): Das Thema wird in jedem Fall
an Fahrt gewinnen. Nachhaltigkeit ist aber erst
seit Kurzem so gefragt. Wir hatten 2013 einen
Fonds für Institutionelle konzipiert, der Bestandsimmobilien
auf einen Green-Buillding-
Standard bringt und die aufgewerteten
Büroobjekte verkauft. Dieser Ansatz stieß auf
wenig Interesse, wir mussten auf seine Realisierung
verzichten. Heute würde eine solche
Idee wahrscheinlich allgemeine Zustimmung
erfahren. Die Branche wächst nach und nach
in das Thema Nachhaltigkeit hinein. Es wird
zum Standard werden, wie das Antiblockier-
System im Auto, das früher ein Highlight
bei der Sonderausstattung war, heute aber
ganz normaler Standard geworden ist.
Grundler (Primus Valor): Man darf den Klimaschutz
aber nicht übertreiben. Zumindest
sehe ich die Diskussion nicht ganz so positiv.
Sie ist sehr stark ideologisch geprägt. Ein
Vorgehen nach Augenmaß wird nicht gewünscht.
Die Entfernung von der Realität
geht sogar so weit, dass renommierte Beratungsunternehmen
der Regierung fordern,
der Bestand müsse abgerissen und durch
Neubauten nach KfW-40-Standard ersetzt
werden. Dafür habe ich überhaupt kein
Verständnis, denn das geht meistens zulasten
der Mieter. Die Erfahrung aus vielen
Jahren energetischer Renovierung ist, dass
sie dem Normalbürger einleuchten muss und
gerade den kleinen Mann nicht wirtschaftlich
überfordern darf. Das willkürliche Hochschrauben
der Standards führt dazu, dass
man den Bestand lieber nicht renoviert, weil
sich beispielsweise eine komplette Dämmung
in fünf bis sieben Jahren Fondslaufzeit
nicht bezahlt macht.
Lammerding (Dr. Peters): Die sich abzeichnende "Profilierungs-Politik" macht uns große Sorgen, denn wir stehen im Interesse unserer Anleger unter Handlungsdruck. Wer heute eine große Immobilie kaufen will, muss sicher sein, dass sie den Kriterien für nachhaltiges Investment auch entspricht. Da ist noch vieles unklar. Alle warten auf das Merkblatt der BaFin und andere verbindliche Regulierungsvorgaben. Voraussichtlich müssen Unmengen von Verordnungsparametern in ein Investment Produkt integriert werden. Kurzum: Wir wollen ja gern, aber uns fehlen klare Leitplanken.
Sie müssen demnach bisher in einer Art vorauseilenden Gehorsams operieren?
Lammerding (Dr. Peters): Ja, denn es ist extrem schwierig, das Richtige zu treffen und nicht in die Greenwashing-Falle zu treten, die aktuell bei den Investmentfonds ein großes Thema ist. Es gibt Risiken, wenn man in die falsche Richtung marschiert. Wir haben das daher ganz klar auf der Agenda, aber vorerst unter Beobachtung gesetzt.
Grundler (Primus Valor): Mittelfristig kann sich das Vorschriftenumfeld erholen. Aber erst einmal ist ein Fehlstart zu befürchten. Wir werden Produkte sehen, die einen Nachhaltigkeitsstempel haben, obwohl sie ihn eigentlich nicht verdienen. Andere, die mit Augenmaß vorgehen und zudem wie wir bereits einen langen Trackrekord vorweisen können, werden wohl nicht als nachhaltig anerkannt werden. Dabei zeigte schon 2012 unser Fonds Nummer 5 auf dem Titelblatt das Wärmebild einer Fassade.
Kotz (Real I.S.): Mit der Offenlegungsverordnung
gibt es ja drei Abstufungen. Unser
Realisinvest
Europa ist demnach als Artikel-
8-Fonds
mittelgrün. Innerhalb der Strategie,
die durch die BaFin zu einem Artikel-
8-Fonds geführt hat, haben wir ein Scoringmodell
entwickelt, das neben dem
CO2-Ausstoß auch die Flächenversiegelung,
die Anbindung an den öffentlichen Verkehr
und viele weitere Einflussfaktoren auf die
Nachhaltigkeit berücksichtigt. Erstaunlicherweise
gibt es nach unser hauseigenen
Analyse auch neue Objekte, die sich mit der
Nachhaltigkeit schwer tun. Man denke nur
an einen Büroturm mit einer Glasfassade
und einer Top-Ausstattung an modernster
Gebäudetechnik. Dann lässt sich ein vergleichsweise
hoher Energieverbrauch nicht
vermeiden.
Thomas (BNP Paribas): Das zeigt auch die
Grenzen des Schwarz-Weiß-Denkens auf.
Das gleiche gilt für den Vorschlag, den
Bestand abzureißen und neu aufzubauen.
Das ist auf die Lebenszeit berechnet Unsinn,
denn der CO2-Ausstoß ist beim Bau am
höchsten. Außerdem muss man im Bestand
natürlich auch kleine Schritte machen.
Wenn es bei einem Mieterwechsel gelingt,
die Klimabilanz um zehn oder 20 Prozent zu
verbessern, ist das ein großer Erfolg. Zudem
spielen ja die ESG Faktoren zusammen. Hier
achtet man in der Regel sehr stark auf das
E, aber die anderen beiden sind natürlich
auch wichtig. Denn sie schaffen den besseren
Lebensraum, von dem alle profitieren.
Grundler (Primus Valor): Die energetische Sanierung zeigt, dass es eine große Diskrepanz gibt zwischen dem, was in den Medien und in der Politik gehandelt wird und dem, was sich der Otto Normalverbraucher vorstellt. Dessen Lebenswirklichkeit sieht sehr viel anders aus. Speziell wenn er für 6,50 Euro pro Quadratmeter mieten will muss er natürlich mit seinem Geld haushalten. Glücklicherweise gibt es ein Einsparpotenzial durch energetische Sanierung. Die geringeren Brennstoffkosten schlagen aber in der Regel im ersten Jahr noch nicht zu Buch. Der Grund ist, dass die meisten bei ihren alten Heizgewohnheiten bleiben und erst nach viel Zuspruch umstellen. Da gibt es ähnlichen Beratungsbedarf wie früher im Osten, wenn man neue Fenster eingebaut hat. Es kam zu massiven Schimmelproblemen weil die ersetzten zugigen Fenster automatisch für Belüftung gesorgt hatten.
Thomas (BNP Paribas): Etwas anders ist das Bild auf der Nutzerseite bei hochwertigen Büroimmobilien. Hier gibt es einen zunehmenden Bedarf nach nachhaltigen Flächen. Speziell große Firmen mit entsprechenden Berichtspflichten haben sich auf die Fahne geschrieben, in absehbarer Zeit CO2-neutral werden zu wollen. Sie müssen in Objekte gehen, die einen Beitrag dazu leisten, etwa indem sie einen deutlich geringeren CO2-Ausstoß oder ein Green-Building-Label haben. Das bringt nicht nur in puncto Bonität bereits mittelfristig Vermieter mit einem nachhaltigen Gebäude in Vorteil gegenüber solchen, die kein nachhaltiges Objekt anbieten können.
Lammerding (Dr. Peters): Das gilt auch für die Außenwirkung von Investoren. Speziell institutionelle sind mittlerweile bereit, zugunsten einer guten Nachhaltigkeit, bei der Rendite nicht den Maximalwert zu erwarten.
Macht sich nicht auch der Home-Office-Hype bei Büroimmobilien bemerkbar?
Kotz (Real I.S.): Ja und nein. Es wird keine durchgängige Anwesenheitspflicht mehr geben, um standardisierte Arbeiten zu erledigen. Die Flexibilität, von verschiedenen Orten aus zu arbeiten, wird teilweise bleiben. Dafür rückt etwas anderes in den Vordergrund. Das Büro als "Lagerfeuer" der Firma, ein Bild, das ich sehr stimmig finde. Ein Ort, an dem man sich trifft, austauscht, ein Gefühl füreinander entwickelt und neue Themen erfindet.
Thomas (BNP Paribas): Das Büroleben wird wie die anderen Lebensbereiche von den Megatrends Digitalisierung und Individualisierung bestimmt. Hier hat Corona einen Zeitraffer in Gang gesetzt und die Anforderungen an flexible Nutzungsmöglichkeiten erhöht. Das zeigt, dass Megatrends eine gute Richtschnur sind, um langfristig die richtigen Objekte im Portfolio zu haben.
Kotz (Real I.S.): Man wird nicht wie früher viele Leute auf die Fläche packen, sondern Orte mit unterschiedlichstem Ambiente schaffen. Diskussions- und Rückzugsräume, Orte, an denen man aufeinander trifft und solche, wo man in Ruhe telefonieren kann. Das bedeutet, dass man mehr Fläche braucht und ganz andere Flächenkonzepte. Weil sich, wie jetzt, die Nutzungskonzepte öfter ändern, und Immobilien langfristige Investments sind, sind Objekte mit der nötigen Flexibilität gefragt. Der Assetmanager wird künftig immer auch die Rolle des Beraters einnehmen, den Mietinteressenten die Fläche so zu verkaufen, dass sie auch zum Konzept des Unternehmen passt.
Einen gewissen Stilwechsel gibt es aber auch bei Wohnimmobilien?
Kotz (Real I.S.): Wohnen ist ein Grundbedürfnis mit einer großen Streubreite. Es gibt beim Einstieg studentisches Wohnen und am entgegengesetzten Ende altersgerechtes Wohnen. Dazwischen gibt es Synergie-Effekte der verschiedenen Modelle. So leben Berufsanfänger vielleicht in besonders ausgestatteten Appartments mit den Annehmlichkeiten von studentischen Gemeinschaftsräumen für Freizeit und Sport und Co-Working Arbeitsplätzen. Oder in einem Quartier ist der Übergang zum betreuten Wohnen und sogar zur Pflege nur eine Häuserecke weit entfernt. Der Bedarf ist da je Lebensphase ganz anders. Während Leute zwischen 30 und 60 Wohnungn mit Blick ins Grüne suchen, sind bei betreutem Wohnen, die Wohnungen mit Blick auf Ampel und Straßenkreuzung beliebt. Da ist einfach etwas los. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es immer noch zum Grossteil Betreiber-Immobilien sind. Man muss speziell als Core-Investor, wie wir, seine Partner und Pächter sehr sorgfältig auswählen.
Thomas (BNP Paribas): Wir gehen davon aus, dass viele Bereiche im Zuge der Individualisierung und des demografischen Wandels immer stärker miteinander vernetzt sein werden. Das gilt für Studentenappartments, Hotels und Langzeit-Zwischenstopps ebenso wie beim Wohnen mit Zusatzdienstleistungen über vorübergehende Health-Care-Angebote bis zur Klinik und Seniorenwohnheimen. Die Demographie ist in all diesen Konstellationen ein Treiber für die nachhaltige Nachfrage. Generell gibt es aber bei jeder Form des Wohnens ein Problem: Es wird viel zu wenig neu gebaut und folglich gibt es zu wenig Angebot.
Grundler (Primus Valor): Das Schwergewicht ist aber langweilig normal. Wir bringen in den Bestand mit energetischer Sanierung einen gewissen Kick, ohne die Mieter zu strapazieren. Hier erwarten wir durch den allgemeinen Trend zu mehr Nachhaltigkeit bessere Konditionen bei den KfW-Darlehen. Nach wie vor sind Immobilien und Flächen rar und gefragt. Weil alles was knapp und teuer ist, treibt die Preise. Folglich profitieren unsere Altfonds von besseren Verkaufskonditionen. Im Einkauf wird es allerdings immer schwieriger, geeignete Objekte zu attraktiven Preisen zu finden. Hier muss man auf Immobilien mit mehr Renovierungsbedarf ausweichen. Teilweise sind auch Neubauten attraktiv, wobei wir nicht in die Projektplanung gehen, sondern kurz vor Fertigstellung kaufen. So haben wir im ImmoChance Deutschland 8 einen Kindergarten gebaut und mit der Stadt Kassel einen 20-jährigen Mietvertrag abgeschlossen. Solche Gelegenheiten muss man nutzen.
Lammerding (Dr. Peters): Unser Haus ist beim Wohnen nur durch seine Beteiligung an Zinsbaustein.de mit von der Partie. Außerhalb dieses Crowd-Funding-Portals bleiben wir bei unserer Spezialisierung auf Hotels, Health-Care und lebensmittelgebundenen Einzelhandel und wollen kein zusätzliches Geschäftsfeld auftun. Bei Pflegeimmobilien sind die Preise allerdings bereists auf Rekordniveau, so dass wir uns momentan zurückhalten. Wir sind dabei, unsere Bestandsimmobilien mit längeren Pachtverträgen auszustatten und möglichst in diesem günstigen Umfeld zu verwerten.
Dagegen ist im Hotelsektor die Preisentwicklung wohl eher umgekehrt?
Lammerding (Dr. Peters): Es gibt ja nicht nur einen Hoteltyp, es gibt Messehotels, Businesshotels, Stadthotels und Ferienhotels und das in verschiedenen Kategorien. Wir betreiben ja ebenfalls ein Hotel in Grömitz und erwarten für 2021 ein Rekordjahr durch den innerdeutschen Tourismus. Auch das Objekt in Oberpfaffenhofen, eigentlich eher ein Businesshotel, hat in diesem Jahr von seiner Lage nahe dem bayerischen Fünfseen-Gebiet sehr profitiert.
Thomas (BNP Paribas): Hotels bleiben ein attraktives Investment. Sie bedienen ja unter anderem einen der drei Megatrends, die wir im MacStone gezielt ansprechen. Zur Individualisierung gehört es, sich an unterschiedlichen Orten aufzuhalten. Wir haben für unseren Publikumsfonds daher sehenden Auges in der Coronazeit ein Hotel erworben. Allerdings konnten wir den Kaufpreis deutlich verringern. Dadurch bleibt das Objekt trotz Zugeständnissen bei der Pacht sehr attraktiv, zumal einige Zimmer mit Miniküchen auch Möglichkeiten zum längeren Long-Stay-Aufenthalt bieten.
Kotz (Real I.S.): Auch wenn wir das Thema Hotel aktuell in unseren Publikumsfonds nicht thematisieren, finden wir die Assetklasse sehr spannend und zur Diversifikation sehr wichtig. Denn das Thema wird wiederkommen. Selbst wenn sich viele an das Shopping von der Couch aus gewöhnen können, wird keiner auf seine Reisen oder seine Freizeitaktivitäten anderswo verzichten wollen. Wir haben diese Assetklasse bereits für institutionelle Anleger bedient und beispielsweise für ein Versorgungswerk antizyklisch ein Hotel in Wien gekauft. Ein weiteres ist für eine andere Investorengruppe unterschriftsreif. Der Vorteil ist, dass man hier antizyklisch agiert und dass die Verträge anders aussehen als früher. Sie decken Szenarien wie die Pandemie jetzt ab, was sich auch in den attraktiven Kaufpreisen wiederspiegelt.
Lammerding (Dr. Peters): Bei unseren Hotels mussten wir nachverhandeln, denn natürlich gab es Engpässe in der Liquidität, da die staatlichen Hilfen oft verzögert eintrafen. Der Aufwand hat sich aber gelohnt: Unsere Bereitschaft, die Verträge umzugestalten, bringt Pächtern zwei Vorteile: Sie mussten keine Rückstellungen für gestundete Mieten in den Bilanzen bilden. Ohne solche Verbindlichkeiten fallen Betriebsfortführungsgutachten nach IDW S11 besser aus.
… und welche Besonderheiten sind im Handelsbereich zu finden?
Thomas (BNP Paribas): Hier gibt es ebenfalls Gewinner und Verlierer. Durch die Pandemie haben aber die Strukturprobleme speziell im innerstädtischen Einzelhandel oder in einzelnen Shopping-Zentren einen Zeitraffer erfahren. Das Online-Shopping hat enorm zugenommen und die wenigen Logistikimmobilien haben bereits keinen Renditeabstand mehr zu Büros.
Lammerding (Dr. Peters): Wir sehen im Einzelhandel eine diametrale Entwicklung: Der klassische Einzelhandel krankt, der lebensmittelgebundene Einzelhandel ist der Krisengewinner. Hier gab es 2020 je nach Lage Umsatzzuwächse von bis zu 20 Prozent. Wenn die Gastronomie geschlossen ist, muss man sich sein Essen anders organisieren. Wir setzen im Immobilienportfolio Deutschland 1 dabei auf klassische Marken wie Edeka, netto oder Rewe. Nacn Möglichkeit sollen die Nutzungsverträge länger laufen als der Fonds, der auf zwölf Jahre angelegt ist. Die starke Nachfrage nach diesem Segment, unsere Einkaufspreise und die hohe Bonität der Ankermieter sorgt für ein konservatives Immobilieninvestment. Wir orientieren uns hier ebenfalls an B- und C-Standorten, weil man dort noch zu erträglichen Vervielfältigen kaufen kann. So haben wir haben noch zum 17- und 18-fachen eingekauft. Heute ist es schwer, unter der zwanzigfachen Jahresmiete noch bei attraktiven Lagen zum Zuge zu kommen.
Kotz (Real I.S.): Bekleidung und Shoppingcenter haben klar durch Corona gelitten. Wir müssen damit aktiv umgehen und scheuen uns auch nicht, falls nötig in die Struktur des Objekt zu gehen und ein anderes Setup zu schaffen, indem wir ein Shoppingcenter in ein Geschäftshaus umbauen. Das ist natürlich ein massiver Eingriff, schafft aber eine bedarfsgerechte Immobilie, die wie der lebensmittelgebundene Einzelhandel auf lange Frist performen kann. Bei High-Street-Retail ist noch nicht abzusehen, ob der schnelle Mitnahme-Einkauf dem Hin und Her beim Online-Shopping und -Umtausch wieder etwas Volumen abnehmen kann.
Thomas (BNP Paribas): Dem kann ich nur zustimmen. Allerdings sehe ich die Retail-Krise auch als Chance. Wenn nicht von den Einzelhändlern über die Vermieter bis zu Stadtverwaltungen alle zusammen an einer Lösung arbeiten, wird es für die Innenstädte eng. Kultur und Handel und Gastronomie werden stärker verzahnt sein müssen, damit sich hier eine Neubelebung ergibt. Die Erfahrungen mit der Erlebniswelt Shoppingcenter, die in Südeuropa gang und gäbe sind und die gemeinsamen Initiativen der verschiedensten Verbände miteinander machen mich aber zuversichtlich, dass dieser notwendige Wandel gelingen kann.
Das wird spannend. Was sind sonst Ihre Erwartungen für die kommenden Jahre?
Grundler (Primus Valor): Unsere Devise ist: ruhig Blut und Kurs halten. Der Immobilienhype der zurückliegenden Jahre darf nicht den Blick dafür verstellen, das Wohnimmobilien eine sehr konservative Assetklasse darstellen. Sie sind ein logisches Produkt, das von Material, von Fachwissen und Fachleuten bestimmt ist. Langfristig werden sie wie früher durch inflationäre Tendenzen an Wert gewinnen. Wir sorgen für ein sauberes Produkt, das für Besitzer und Mieter fair und für vier, fünf oder auch einmal sechs Prozent Rendite gut ist. Der dafür nötige Wertzuwachs ist ungefährdet, weil Grundstücke, Fläche und Baugenehmigungen sich nicht vermehren lassen. Selbst im energetischen Bereich sind keine beängstigenden Veränderungen in den Vorschriften zu erwarten.
Lammerding (Dr. Peters): Im breiten Publikumsmarkt sind weiterhin hohe Liquiditätsstände vorhanden und einträgliche Zinsen verschwunden. Damit gehören Immobilien mit vertraglich gesicherten Einkünften in jede Vermögensanlage oder -allokation. Mit dem Fokus auf lebenmittelgebundenen Einzelhandel ist die Dr.Peters-Group in einer ihrer Kernkompetenzen gut positioniert. Wir sehen aber auch, dass das Thema Hotel zurückkommt, das Reiseverhalten nimmt wieder Fahrt auf. Wenn der Pandemieverlauf so weitergeht, wird ab Mitte 2022 auch ein Hotelinvestment wieder eine attraktive Möglichkeit für Privatanleger werden.
Kotz (Real I.S.): Immobilien sind eine tolle Assetklasse, wenn man sie nicht spekulativ übertreibt. Ein Immobilieninvestment soll ein konservatives Investment sein. Man muss sich also sehr genau anschauen, mit welchen Kalkulationsparametern man arbeitet und welche Annahmen man realistisch treffen kann. So setzt man die Grundlagen für die nächsten vielen Jahre, die auch verschiedenste Zyklen überstehen. Diversifikation ist ein wichtiger Punkt. Das ist vor allem in einer Zeit wichtig, in der die Zinsen noch auf absehbar längere Zeit ziemlich niedrig bleiben werden.
Thomas (BNP Paribas): Für uns als Branche sind Immobilienfonds ein Produkt, das in jedes Portfolio gehört. In dieser Ausformung sind Immobilien ohne Hürden für alle Privatanleger zugänglich. Denn per se sind sie eine Anlageklasse, die man aktiv managen muss. Unsere Aufgabe als Fondsmanager ist es, dass wir uns um die Objekte kümmern. Selbst wenn wir die Dinge von Anfang an sehr konservativ angehen, läuft irgendwann auch der längste Mietvertrag einmal aus. Dann ist aktives Handeln gefragt. Revitalisierung und energetische Sanierung sind im Bestand eine zusätzliche Herausforderung. Doch, dass wir uns kompetent um die Objekte kümmern, ist ja unser Geschäft und unsere Expertise, die wir für unsere Anleger entsprechend einsetzen. Daher ist mir auch nicht vor der Zukunft bange. Das Umfeld ist herausfordernd, aber weil wir aktiv unterwegs sind, können wir es auch aktiv gestalten.
Das Interview führte Ludwig Riepl